Großglockner nonstop

Der Tarrenzer Radsportler Ronald Ladner vertritt immer wieder die Farben der Sportunion Tarrenz bei verschiedenen Radrennen. In Ermangelung solcher Rennen in diesem verrückten Jahr kam ihm die Idee, einfach mal eine „verrückte“ Solotour zu starten. So fuhr Ronald am 23. Juni 2020 mit seinem Rennrad von Tarrenz zur Edelweißspitze an der Glocknerstraße (höchster befahrbarer Punkt auf 2571 m Seehöhe) und wieder retour und das innerhalb von 24 Stunden. Hier sein interessanter Erlebnisbericht dazu:

Die Fakten:
  • 491 km
  • 5000 Höhenmeter
  • Fahrzeit 19 Stunden 42 Minuten
  • Gesamtzeit 24 Stunden
  • Durchschnittsgeschwindigkeit ohne Stehzeiten 25 km pro Stunde
Der Start

Die Idee zu dieser Tour hatte ich bereits länger, doch irgendwie hat es bisher nicht geklappt. Endlich hatte ich 2 Tage dienstfrei und die Wettervorhersage war gut mit milden Nachttemperaturen und das wichtigste – es war niederschlagsfrei. Schnell die Beleuchtung ans Rennrad und alles durchchecken. Überbekleidung und Sportlernahrung in eine Satteltasche und los konnte es gehen. Ich startete um 19:00 Uhr, um die Nachtstunden zuerst zu absolvieren und um die Mautstraße zum Großglockner eventuell vor der Öffnung des Mautbalkens verkehrsfrei zu fahren.

Einsam durch die Nacht

Bei motivierendem Rückenwind fuhr ich dem Inntal folgend bis Wörgl. Bevor es richtig in die Nacht ging – noch schnell zum Mc-Drive – da meine Sportlernahrung mit Sicherheit nicht für die ganze Tour reichen würde. Nun wurde es auf den Straßen langsam autofrei und ich genoss die sommerliche Nacht bis Hochfilzen in kurzem Dress. Auf der Abfahrt vom Pass Grießen nach Saalfelden packte ich dann erstmals Ärmlinge und Beinlinge aus und es hieß auf Grund einiger Wildwechsel in der Dunkelheit konzentriert zu bleiben. Ich sah zwar einige Tiere im Lichtkegel meiner 1000 Lumen Akkulampe, aber alles ging gut. Menschenleer durchs Zentrum von Zell am See und schon bog ich gegen 03:30 Uhr ins Fuschertal in Richtung Großglockner Hochalpenstraße ab. Noch war ich topmotiviert, doch ich wusste von früheren 24 Stunden Rennen, dass sich dies schnell ändern könne. Richtung Mautstation Ferleiten blickte ich erstmals besorgt auf die Temperaturanzeige meines Tachos, welcher nur mehr 4 Grad Celsius anzeigte. Bei der noch geschlossenen Mautstation zog ich mir schnell eine Jacke drüber, als ich die ersten Motorräder hinter mir heranbrausen hörte. Leicht schadenfroh fuhr ich durch die dortige Radlerschleuse mit dem Wissen, dass für den motorisierten Verkehr die Straße die nächsten knapp 2 Stunden noch geschlossen bleiben würde.

© Ladner
Rad auf Kopfsteinpflaster
Zwischen Fuschertörl und der Edelweißspitze: 2 km Kopfsteinpflaster
© Ladner
Ronald am Gipfel
Geschafft!
Die wahre Herausforderung

Ich kurbelte einsam Kehre für Kehre bergwärts und endlich blinzelte die Sonne über die imposanten schneebedeckten Gipfel. Trotz Einhaltung meines Nahrungsplanes, am Anstieg alle 20 Minuten ein Energiegel einzunehmen, machte sich langsam ein Hungerast bemerkbar und meine Geschwindigkeit sank für die letzten 500 Höhenmeter konstant unter 10 km/h. Im Sonnenschein bei 0 Grad quälte ich mich nun vom Fuschertörl über 2 km Kopfsteinpflaster zur Edelweißspitze und der gleichnamigen Gaststätte auf 2571 m Seehöhe. Ich ließ mir vom Wirt zwei Frühstück servieren, woraufhin er mich fragte, ob noch wer komme. Als ich ihm erzählte, von wo ich herkam, stellte er keine weiteren Fragen mehr. Nach dieser Stärkung genoss ich noch ein paar Minuten das herrliche Bergpanorama, ehe ich wieder ins Tal brauste.

© Ladner
Ronald Lader am Parkplatz Edelweißspitze, Großglockner
Ronald Lader am Parkplatz Edelweißspitze, Großglockner
Der Weg zurück – raus aus dem Rennmodus!

Am Talausgang kletterte die Temperatur dann bereits über 20 Grad Celsius, also alle Klamotten ausgezogen und weiter ging es Richtung Gerlospass. Leider herrschte auf diesem Abschnitt Kolonnenverkehr, welcher nach so vielen Stunden im Sattel schon mal nerven kann, zudem stieg das Thermometer auf ca. 30 Grad. In dieser Phase war Essen im Sattel kaum mehr möglich und ich plante nun alle 40 km einen kurzen Essens- und Getränkestop bei einem Geschäft ein, auch um die Motivation hoch zu halten. Am Ausgang des Zillertales zeigte der Tacho bereits 380 km. Auf den Terrassen der Gasthäuser war zunehmend Feierabendbetrieb und ich war bereits 15 Stunden im Sattel und insgesamt 18 Stunden von zu Hause weg.

Jetzt schoss erstmals die Frage nach dem „Sinn“ durch den Kopf. Der nächste Gedanke war – es ist ja kein Rennen! – und schon bog ich in Strass im Zillertal zu einem mir von einem früheren Familienurlaub bekannten Gasthaus ab. Ich bestellte Steak mit Reis und Salat und trank zwei alkoholfreie Diesel dazu. Nun waren die Müdigkeit und mein mentaler Durchhänger wie weggeblasen. Es waren ja nur mehr ca. 120 km – durchs flache Inntal und mit etwas Windglück also 4 Stunden, das war zu schaffen. Ziemlich genau nach 24 Stunden Gesamtzeit trudelte ich bei meiner Familie in Tarrenz ein, wurde herzlich empfangen und war glücklich, mein Ziel verwirklicht zu haben. (Ronald Ladner)

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